8. Dezember 2024

ddbnews.org

Neuigkeiten / Berichte / Informationen

Das Geschäft mit der Nachhaltigkeit – Wer verdient an unserem schlechten Gewissen?

 

Turnschuhe aus recycelten Flaschen, Becher aus Bambus, Soßen-Verpackung aus Papier: Nachhaltigkeit ist der Trend der Stunde und zunehmend ein Verkaufsargument für Produkte aller Art. Dabei wird mit dem schlechten Gewissen der Menschen viel Geld verdient. Mit Mogelpackungen und Etikettenschwindel, mit gekauften Studien, die vermeintliche Öko-Mythen entlarven und in Wahrheit nur bestimmte Produkte promoten sollen. Man möchte so gerne alles richtig machen. Man hat immer wieder das Gefühl, dass man noch mehr tun könnte. Weniger Plastik verwenden, oder wenigstens das richtige. Bewusster Einkaufen. Diese Sehnsucht macht einen zu dankbaren Opfern von Greenwashing aller Art.

Zum Beispiel bei der Suche nach der richtigen Getränkeverpackung: Durch die Medien kursiert immer wieder die Meldung, dass Verbundkartons bei Saft und Milch viel nachhaltiger seien, wegen ihres geringen Gewichts und weil Pfandflaschen so weit transportiert würden. Die Studie, auf die sich dabei alle berufen, stammt vom renommierten IFEU-Institut, ist aber trotzdem schlicht falsch. Auftraggeber war ausgerechnet die Verbundkartonindustrie, und die hat IFEU falsche Zahlen geliefert, die das Institut ungeprüft übernommen und zugrunde gelegt hat. Thomas Fischer, Leiter für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umweltstiftung kritisiert, dass es diese Art Gefälligkeitsstudien immer öfter gibt.

Immer mehr Hersteller werben etwa damit, dass sie Meeresplastik recyceln und daraus Einwegflaschen oder Sportbekleidung herstellen, Adidas zum Beispiel. Klassisches Greenwashing: Einwegflaschen bleiben auch aus Recyclat eine Ökosünde. Und oft ist der tatsächliche Anteil von Plastik aus dem Meer so gering, dass man hier eigentlich nur von einem Marketinggag sprechen kann, zumal die Abfälle bis 50 Kilometer von der Küste entfernt gesammelt werden – nicht gerade das, was wir Kunden unter Meeresplastik verstehen. Für Andrea Stolte vom Umweltverband WWF ist Ozeanplastik eine reine Marketingmasche.

Auch bei den Alternativmaterialien wird getrickst: Beliebtes Material für Kaffeebecher und Campingteller ist neuerdings Bambus. Ist aber de facto Plastik, weil dabei die wenigen Bambus-Fasern mit dem Kunststoff Melanin so verklebt werden, dass man sie nie wieder trennen und recyceln kann. Für heiße Getränke ist der Stoff zudem besonders ungeeignet, weil heiße, säurehaltige Getränke – und genau das ist etwa Kaffee – Giftstoffe herauslösen, die im Verdacht stehen, Krebs zu erregen.

Zuweilen führt die Strategie, Kunden mit ökologischer Anmutung zu gewinnen, sogar zum direkten Gegenteil: Frosta stellt gerade seine Tüten für Tiefkühlgemüse von Plastik auf Papier um. Fühlt sich für die Kundschaft besser an, ist aber ein echter Schildbürgerstreich: Denn als Einwegartikel ist die Ökobilanz von Papier noch schlechter als die von Plastik. Generell sind die Greenwashing-Produkte ein Problem, weil sie das Gewissen beruhigen, ohne der Umwelt zu nutzen: Müllvermeidung wäre viel sinnvoller – aber weniger Konsum bedeutet eben auch weniger Umsatz und Gewinn.

Am Ende steht eine einfache Botschaft: weniger Müll ist immer besser und Mehrweg im Zweifel immer der richtigere Weg. Alle, die einem irgendwie weismachen wollen, dass man sich mit vermeintlich innovativen Lösungen durchschummeln kann, wollen in Wahrheit nur ihr Produkt verkaufen. Und ihre Profite steigern, mit dem schlechten Gewissen der Menschen.